Letzte Rettungsversuche
Thompson beschloss, die letzten Berufungen von einem neuen Anwalt einbringen zu lassen, um die Entscheidungsträger nicht unnötig zu provozieren. So stellte Arthur H. Hill, ein angesehener Anwalt aus Boston, am 6. August einen Antrag auf Hinrichtungsaufschub. Der Antrag wurde abgewiesen. Am gleichen Tag wurde vom Anwalt Michael Musmanno der siebente und letzte Zusatzantrag für eine Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht, über den abermals Richter Thayer zu entscheiden hatte. Inhalt des Antrags war die behauptete Voreingenommenheit Thayers, die ein gerechtes Verfahren unmöglich gemacht hätte. Richter Thayer lehnte es ab, den Vorwurf der eigenen Voreingenommenheit sowie die Bitte um Aufhebung des Urteils zu verhandeln, da ihm nach der Urteilsverkündung die Rechtsbefugnis fehle, über derartige Anträge zu entscheiden. |
||||||||
|
||||||||
Ohnmächtige Verteidigung Beim Obersten Gerichtshof gestellte Anträge auf Wiederaufnahme und Aufschub der Hinrichtung wurden ebenfalls abgelehnt. Gegen diese Beschlüsse legte die Verteidigung am 9. August Berufung ein. Die Entscheidung des zuständigen Richters George Sanderson, ob der Berufungsantrag zulässig ist, sollte am 11. August erfolgen. |
||||||||
|
||||||||
Aufschub Die Urteilsvollstreckung, anberaumt für den 10. August um Mitternacht, wurde dennoch wie geplant vorbereitet. Erst um 23:23 Uhr wurde die weltweit mit Spannung und Entsetzen erwartete Hinrichtung abgesagt: Fuller ordnete einen zwölftägigen Aufschub an, um die Entscheidung der Gerichte abzuwarten. |
||||||||
|
||||||||
Ablehnung Die Berufung beim Obersten Gerichtshof wurde zwar formal zugelassen, inhaltlich jedoch mit 19. August abgelehnt: Die behauptete Voreingenommenheit des Verfahrensrichters brauche nicht mehr untersucht werden, da Wiederaufnahmeanträge, die nach der Urteilsverkündung eingebracht würden, in jedem Fall zu spät kämen. Versuche, Richter des Obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten dazu zu bewegen, einen Aufschub der Urteilsvollstreckung zu erwirken, liefen ebenfalls ins Leere. |
||||||||
|
||||||||
Öffentlicher Aufruhr Parallel zu den verzweifelten Bemühungen der Verteidigung vor den Gerichten, erreichte die Welle des öffentlichen Protests einen neuen Höhepunkt. Die größten Demonstrationen in Amerika fanden in New York statt, wo Hunderttausende dem Streikaufruf folgten und ihre Arbeitsplätze verließen. Weil Regierungsvertreter streikenden und protestierenden Ausländern mit scharfen Konsequenzen drohten, kam es in den USA aber meist nur zu unkoordinierten und vergleichsweise kleinen Protestaktionen der Arbeiterschaft. Doch auch viele amerikanische Intellektuelle nahmen nun öffentlichkeitswirksam an Kundgebungen teil. Außerhalb der USA kam es zu großangelegten Streiks und Demonstrationen in Paris, London, Belfast, Moskau, Berlin, Wien, Budapest, Bukarest, Rom, Madrid und anderen Städten. Auch in Norwegen, Schweden, Dänemark, der Schweiz, Holland, Japan, China, Nord- und Südafrika, Mexiko sowie Mittel- und Südamerika kam es zu Demonstrationen für Sacco und Vanzetti. Zudem trafen hunderttausende Gnadengesuche aus der ganzen Welt ein, unterzeichnet unter anderem von Politikern, Schriftstellern und Wissenschaftlern. Neben den im allgemeinen friedlichen Demonstrationen verunsicherten Bombenattentate die amerikanische Öffentlichkeit: Anschläge wurden auf eine Kirche, auf Bahnstrecken, ein Theater und auf Wohnungen eines Bürgermeisters und eines Geschworenen des Prozesses verübt. Keiner der Attentäter wurde ausgeforscht. |
||||||||
|
||||||||