Personenverzeichnis

Das Verzeichnis der wichtigsten Personen im Fall Sacco und Vanzetti wird laufend erweitert. Zur Zeit finden sich hier folgende Einträge:

 
 
sacco und vanzetti
 
     
 

Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti hatten – abgesehen von ihrem tragischen Schicksal – zwei Dinge gemeinsam: Beide wanderten im Jahr 1908 von Italien in die USA aus, und beide engagierten sich in der gleichen Gruppe italienischer Anarchisten. Ihr Charakter, auch ihre Lebensauffassungen konnten aber unterschiedlicher nicht sein: Sacco wird als erdverbundener Familienmensch beschrieben, der ohne Frau, Kinder und Natur kaum leben konnte. Vanzetti –mit seinem buschigen Schnurrbart, den er als eine Art Markenzeichen pflegte – hingegen war ein Denker und Träumer, der sich weit mehr von Idealen angezogen fühlte als von Frauen. Beide lernten sich im Mai 1917 kennen: Aus Angst, für den Kriegsdienst in Europa eingezogen zu werden – die USA hatte eben beschlossen, in den Ersten Weltkrieg einzutreten – planten sie mit einer Gruppe Anarchisten die Flucht nach Mexiko.
Beide verband ein kameradschaftliches Verhältnis. Besonders enge Freunde waren sie nicht, auch wenn die Umstände schließlich dazu führten, dass ihre Asche vermischt wurde.

 
     
 

Mehr zu Saccos Leben.

Wie verlief Vanzettis Leben?

 
     
 
Sacco
 
     
 

Ferdinando „Nicola“ Sacco wurde am 22. April 1891 in Torremaggiore im Süden Italiens geboren. Er war das dritte von insgesamt siebzehn Kindern. Sein Vater verkaufte Olivenöl und Wein aus eigener Produktion. Getauft auf Ferdinando, änderte er seinen Vornamen in Nicola, nachdem ein Bruder mit diesem Namen gestorben war. Dennoch wurde sein Taufname von ihm und seinen Freunden immer wieder verwendet.

Ob er als Kind eine Schule besucht hat, ist nicht sicher. Er half seinem Vater jedenfalls früh bei der Bewirtschaftung der Felder. Landwirtschaft interessierte ihn allerdings nicht. Als sein älterer Bruder Sabino von einem Freund des Vaters nach Massachusetts, USA, eingeladen wurde, kam Nicola gerne mit. Als knapp Siebzehnjähriger erreichte er am 12. April 1908 Amerika.
Er schlug sich als Wasserträger bei einer Baufirma und Arbeiter in einer Gießerei durch. Als nach etwa einem Jahr Sabino wieder in die Heimat zurückkehrte, blieb Nicola auf eigenen Wunsch in Amerika. In der Milford Shoe Company ließ er sich 1910 zum Facharbeiter ausbilden und verdiente als Angestellter nun etwas mehr Geld als vorher.
1912 heiratete er die damals siebzehnjährige Rosa Zambelli, von Sacco meist Rosina genannt. Ihr gemeinsamer Sohn Dante kam 1913 zur Welt. Von Freunden und Verwandten wurde Sacco als liebender Vater und familiärer Mensch beschrieben. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war seine Frau im fünften Monat mit Tochter Ines schwanger.

Der junge Sacco wurde bereits in Italien von seinem Bruder Sabino für sozialistische Ideen begeistert. In Amerika engagierte er sich zusammen mit seiner Frau in einer Gruppe italienischer Anarchisten. 1916 wurde er festgenommen und zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er als Redner bei einer nicht genehmigten Anarchistenversammlung auftrat.
Weil er fürchtete, für den Kriegsdienst eingezogen zu werden, flüchtete er 1917 mit anderen Anarchisten für einige Monate nach Mexiko. Unter ihnen war auch Vanzetti, den er etwa eine Woche vorher kennengelernt hatte.
Nach der Rückkehr arbeitete Sacco bei verschiedenen Firmen und Schuhfabriken als Hilfsarbeiter. Bei der 3-K Shoe Company erinnerte sich dessen Besitzer Michael F. Kelley, der früher Abteilungsleiter bei der Milford Shoe Company gewesen war, an die Verlässlichkeit und den Fleiß Saccos. Sacco wurde im November 1918 dort eingestellt und verdiente durch Akkordarbeit bis zu achtzig Dollar in der Woche, was einem überdurchschnittlichen Arbeitergehalt entsprach. Zusätzlich kümmerte er sich im Winter 1918/19 um den Heizkessel und die Beheizung des Firmengebäudes, wozu er jede Nacht die Fabrik aufsuchte. daher wird er irrtümlicherweise als Nachtwächter der Firma beschrieben.

 
     
 
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Vanzetti
 
 

Bartolomeo Vanzetti wurde am 11. Juni 1888 in Villafalletto bei Cuneo geboren. Seine Mutter hatte bereits einen Sohn aus einer früheren Ehe. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete sie Giovanni Vanzetti. Bartolomeo war das erste von vier Kindern der Vanzettis.
Die Schule besuchte Bartolomeo für mindestens drei Jahre, die genaue Dauer ist nicht verlässlich belegt. Er wird als neugieriges und wissbegieriges Kind beschrieben. Sein Vater Giovanni, der neben einem Hof auch ein Kaffeehaus in Villafalletto führte, bestimmte für den Sohn jedoch den Beruf eines Zuckerbäckers. Mit 13 Jahren verließ Bartolomeo das Elternhaus, um die Lehre anzutreten. Während der anstrengenden Ausbildungszeit in verschiedenen Städten Italiens plagten ihn immer wieder Krankheiten.
Im Alter von 19 Jahren wurde er, mittlerweile in Turin, wegen einer schweren Rippenfellentzündung nach Hause gebracht. Die Arbeit als Zuckerbäcker nahm er nie wieder auf. Stattdessen arbeitete er zunächst im Garten seiner Familie. Im Jahr seiner Rückkehr starb seine Mutter an Leberkrebs, was Vanzetti sehr nahe ging. Gegen den Willen seines dominanten Vaters verließ Vanzetti 1908, knapp vor seinem 20. Geburtstag, seine Heimat, um nach Amerika auszuwandern.  

In Amerika hielt er sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser und zog von einer Stadt zur nächsten, ehe er sich 1913 in Plymouth, Massachusetts, niederließ. Seine Stelle bei der Plymouth Cordage Company verlor er nach aktiver Beteiligung an einem Streik. Im Herbst 1919 machte er sich als Fischverkäufer selbständig.
Vanzetti wohnte in Plymouth bei dem italienischen Anarchisten Vincenzo Brini als Untermieter. Selbst hatte er weder geheiratet noch Kinder, doch baute er eine innige Beziehung zu der Familie Brini und den drei Kindern auf. Nach seiner Flucht nach Mexiko und der Rückkehr nach Plymouth 1917 konnte ihn die Familie Brini aus Platzgründen nicht mehr aufnehmen, und er wohnte bis zu seiner Verhaftung bei der Familie Fortini.

Geprägt durch die leidvollen Erfahrungen als Arbeitsloser in den ersten Jahren in Amerika, wuchsen seine Zweifel an der Religion und er wandte sich verstärkt anarchistischen Idealen zu. In seiner Autobiografie schrieb er: „In Amerika erfuhr ich all die Leiden, Enttäuschungen und Entbehrungen, die zwangsläufig das Los eines Menschen sind, der im Alter von zwanzig Jahren hier ankommt, nichts vom Leben weiß und etwas von einem Träumer in sich hat. Hier sah ich die ganze Grausamkeit des Lebens, all die Ungerechtigkeit und die Korruption, mit der sich die Menschheit auf so tragische Weise herumschlägt. [...] Ich suchte meine Freiheit in der Freiheit aller, mein Glück im Glück aller.“

 
     
 
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Thompson

William G. Thompson

Thompson übernahm die Verteidigung in dem inzwischen verlorenen Fall, nachdem der umstrittene erste Verteidiger Fred Moore entlassen wurde.

Über den Lebenslauf von William Thompson ist – abgesehen seines gut belegten Engagements für Sacco und Vanzetti – wenig bekannt.

Mit dem Fall Sacco & Vanzetti kam er schon zu Beginn des Prozesses in Kontakt. Der in das Verteidigerteam eingebundene Anwalt John McAnarney bat den respektierten Thompson bereits nach der Geschworenenauswahl, den Fall zu übernehmen: Die Spannungen zwischen dem exzentrischen Verteidiger Fred Moore und Richter Thayer waren unübersehbar und drohten den Angeklagten zu schaden. Thompson lehnte ab mit der Begründung, ein Wechsel des Verteidigers käme zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Frage.

Im März 1923, nachdem der Prozess verloren und ein Berufungsantrag nach dem anderen eingereicht wurde, übernahm Thompson auf wiederholte Bitte der Brüder McAnarny die Ausarbeitung eines der Anträge, der die Beweiskraft der tödlichen Kugel III ernsthaft in Frage stellen sollte. Thompson brachte auch die später viel zitierte eidesstattliche Erklärung von William Daley ein, die die Befangenheit des Geschworenenobmanns Ripley beweisen sollte.

Nachdem Moore den Fall im November 1924 nach Konflikten mit dem Defense Committee und vor allem Sacco zurückzog, musste ein neuer Verteidiger gefunden werden: Auch die McAnarney-Brüder legten ihr Mandat nieder (die Quellen sind sich nicht einig, ob vor oder nachdem Thompson den Fall übernahm). Berater (darunter Elizabeth Gurley Finn und der Jurist Felix Frankfurter) und der Vorstand des Komitees waren sich bald einig, Thompson als neuen Anwalt gewinnen zu wollen. Dieser verlangte USD 25.000 als im Vorraus zu entrichtendem Honorar, wohl auch in der Absicht, den aussichtslosen Fall von sich abzuwenden. Zwei Tage später ist es dem Komitee unter großem Aufwand gelungen, das Geld aufzutreiben.

Thompsons Führung des Falles wurde von praktisch allen Beteiligten äußerst positiv wahrgenommen, auch oder obwohl er Propaganda-Maßnahmen bewusst vermied und dem Komitee sogar untersagte. Unter den wenigen Kritikern an Thompson fand sich Eugene Lyons, der sein Engagment für das Komitee einstellte, als der elitäre Anwalt die Verteidigung der idealistischen Arbeiter übernahm. Thompson selbst begann die beiden Angeklagten immer mehr zu schätzen, insbesondere Vanzetti, dessen „Edelmut“ er tief bewunderte.

Stunden vor Hinrichtung, am Abend des 22. August 1927, besuchte Thompson auf Vanzettis Wunsch die beiden Verurteilten im Todeshaus von Charlestown. Er führte mit Vanzetti ein zweistündiges Gespräch, in dem ihm Vanzetti seine Unschuld versicherte. Thompson bat Vanzetti darüber hinaus, seinen Feinden zu vergeben, Vanzettis geistigen Frieden zuliebe. Obwohl sich Vanzetti ihm gegenüber weigerte, verzieh er mit seinen letzten Worten auf dem elektrischen Stuhl „einigen Leuten, was sie mir nun antun“.

 
     
 
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Moore

Nur wenig ist über den Mann bekannt, der durch gezielte Propaganda aus Sacco und Vanzetti einen Fall internationalen Ausmaßes machte. Fred H. Moore stammte aus Kalifornien. Zur Zeit des Prozesses war er verheiratet, doch wurde diese Ehe später geschieden.  Er machte sich als Anwalt von Arbeitern und der IWW einen Namen, als Streiks die USA erschütterten, und nicht die schlechte wirtschaftliche Lage der Streikenden, sondern deren verpönten und gefürchteten linken Ideale als Grund für die Arbeitskämpfe angesehen wurden.  So war er Mitglied im Verteidigungskomitee von Joseph Ettor und Arturo Giovannitti, zwei italienischen Radikalen, denen 1912 der Prozess als Anstifter zu einem der größten Streiks in der Textilbranche gemacht wurde. Die Anwälte erreichten trotz widriger Umstände einen Freispruch; auf Moore strahlte ein Teil des Erfolges. Tatsächlich war er nur für die Beschaffung der Zeugen zuständig, die Leitung der Verteidigung oblag erfahrenen, konservativen Anwälten. Als im November 1916 vierundsiebzig sogenannte Wobblies, also Mitglieder der IWW, verhaftet wurden, war wieder Moore unter den Verteidigern. Auch im September 1917 kam es zu Razzien gegen Mitglieder dieser Gewerkschaft. Schließlich standen im April 1918 insgesamt 184 Wobblies in drei Städten der USA vor Gericht. Moore war wieder an deren Verteidigung beteiligt. Alle Bemühungen waren aber umsonst: Sämtliche Angeklagten wurden schuldig gesprochen.

Nachdem Vanzetti im Juli 1920 nach dem Prozess im Fall Bridgewater von den Geschworenen schuldig gesprochen wurde, suchte Felicani einen neuen Anwalt für den bevorstehenden South Braintree-Prozess. Carlo Tresca und Elizabetz Gurley Flynn, beide an der Spitze einer anarchistischen Gruppe, empfahlen – wahrscheinlich aus eigener Initiative – Fred Moore. Dieser übernahm den Fall noch im August, für 150 Dollar die Woche plus Spesen. Dabei zeigte er sich sehr ambitioniert, die Propaganda-Trommel zu rühren und den Fall als politischen Skandal publik zu machen. Dies schien auch insofern notwendig, als das Verteidigungskomitee auf Spendengelder angewiesen war. Übereinstimmend wird jedoch berichtet, dass sein Auftreten vor Gericht nachlässig und gegenüber den konservativen Geschworenen und dem argwöhnischen Richter Thayer sogar provokant war: Entgegen den Gepflogenheiten zog er sich im Gerichtssaal Jacke, Weste und auch Schuhe aus; auch sah er keinen Grund, seine Haare kurz zu schneiden. Seine Verhöre erschienen oft sprunghaft und konzeptlos, darüberhinaus hatte er die Eigenart, plötzlich und ohne Nachricht zu verwschwinden, oft auch über Tage. Ein Assitent meinte einmal dazu, Moore litt an schweren Schmerzen, die er durch Morphium oder andere Drogen betäubte. Konkretes ist darüber aber nicht bekannt.
Auch seine Ausgaben zogen die Kritik des Komitees auf sich. Um zu entlastenden Aussagen zu kommen, soll er Zeugen auch Geld geboten haben. Als im Vorfeld des Prozesses dubiose Andeutungen gemacht wurden, durch Schmier- oder Bestechungsgelder könnten Sacco und Vanzetti freigesprochen werden, zählte Moore zu jenen, die das zweifelhafte Angebot annehmen wollten. Andere Komitee-Mitglieder waren strikt dagegen, eine Geldübergabe kam nicht zustande.

Die Konflikte mit Felicani verschärften sich im Laufe der Zeit, auch weil Moore den Führungsanspruch im Sacco-Vanzetti Defense Committee stellte. 1924, als die Bemühungen, einen neuen Prozess einzusetzten, schon einige Jahre währten, wollte Moore mit der Gründung der Sacco-Vanzetti New Trial League die Spendengelder und Verteidigungsführung unter seine Kontrolle bekommen. Ein zorniger Brief Saccos, der im Gegensatz zu Bartolomeo Vanzetti von Anfang an eine Abneigung gegen Moore hatte, war mit ein Grund, warum sich Moore im November 1924 vom Fall zurückzog.

Kritische Stimmen in den Reihen der Verteidigung räumten ein, dass der Prozess auch mit einer anderen juristischen Führung mit Schuldsprüchen geendet hätte; nur die Erfolgsaussichten während der Berufungsanträge wären eventuell höher gewesen.

Nach seinem Ausstieg aus dem Verteidigungsteam sorgte seine Aussage gegenüber Upton Sinclair für Aufsehen, nach der Sacco wahrscheinlich schuldig wäre. Obwohl er einräumte, dass keiner der Angeklagten dies je zugegeben oder angedeutet hätte und er auch keine weiteren Indizien dazu offenbarte,  schlossen sich dieser Spekulation viele an, allen voran der Schriftsteller Francis Russell. Andere – darunter seine geschiedene Frau, die mit ihm am Fall arbeitete – interpretieren Moores Äußerung als eine Folge seiner Verbitterung.

 
     
 
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Katzmann

Frederick G. Katzmann wurde 12. September 1875 in Boston geboren. Er wuchs unter ärmlichen Verhältnissen als Sohn eines Deutschen und einer Schottin aus Roxbury in Hyde Park, Massachusetts, auf. Sein Mittelname Gunn, meist abgekürzt als G., ist der Mädchenname seiner Mutter. Er besuchte die Boston Latin School und später Harvard, was durch die finanzielle Unterstützung einer Tante möglich wurde. Etwas Geld verdiente er außerdem als Sänger in Kirchen und bei Begräbnissen. Als untersetzter, unsportlicher Schüler aus armer Familie galt er als Außenseiter. Seine schulischen Leistungen waren unauffällig.

Nach der Reifeprüfung kam er nach Hyde Park zurück und arbeitete einige Jahre als Stromableser des örtlichen Elektrizitätswerks, ehe er sich entschloss, Anwalt zu werden. Da seine finanzielle Lage ein Studium in Harvard nicht zuließ, studierte er Rechtswissenschaft an der Bostoner Universität, wo er als Bachelor 1902 abschloss. Sein anschließendes Praktikantenjahr absolvierte er bei einer anerkannten Bostoner Firma am Pemberton Square. Danach richtete Katzmann, [dem sein deutscher Name insbesondere in Zeiten des Ersten Weltkriegs eine Last war,] in Hyde Park seine Anwaltskanzlei ein.

Im September 1904 heiratete er Grace L. Brown. Das Paar hatte zwei Töchter. Seine Arbeit verlief erfolgreich: 1907 bis 1908 repräsentierte er Hyde Park im Parlament von Massachusetts. 1909 wurde Katzmann, Mitglied der Republikanischen Partei, Assistent des Staatsanwalts. Im November 1916 kanditierte er schließlich selbst in dieser Funktion. Er wurde gewählt und stellte sich nach drei Jahren erfolgreich der Wiederwahl. 

Im Mai 1920 wurden Sacco und Vanzetti als Verdächtige in zwei Raubüberfällen verhaftet. Nach einem Verhör beschloss Katzmann, gegen beide Anzeige zu erstatten. Der Fall zog weltweite Empörung auf sich. Katzmann, der die Anklage während des Prozesses leitete, schürte nach Meinung von Kritikern durch seine Art der Kreuzverhöre bei den Geschworenen Ressentiments gegen Ausländer. Auch der Vorwurf der Beweisfälschung wurde gegen ihn erhoben. Zwei Jahre nach dem Prozess im Jahr 1921 nahm er wieder die Arbeit in seiner privaten Anwaltskanzlei auf. Aus Sorge vor Vergeltungsschlägen im Zuge der Hinrichtung von Sacco und Vanzetti im August 1927 wurde Katzmanns Haus bis 1933 rund um die Uhr polizeilich bewacht.  Er verweigerte bis Ende seines Lebens Stellungnahmen zu dem kontroversen Fall, der als einer der bedeutendsten der USA gilt. Katzmann starb am 15. Oktober 1953 im Alter von 78 Jahren an einem Herzinfarkt in Massachusetts.

 
     
 
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Richter Thayer
 
 

Webster Thayer wurde im Juli 1857 in Blackstone, Massachusetts, als Sohn des örtlichen Fleischers geboren. Er besuchte die öffentlichen Schulen vorort sowie die Worcester Acadamy und inskribierte schließlich im College von Dartmouth.  Dort fiel er vor allem wegen seines sportlichen Interesses auf: Für drei Jahre war er Kaptitän des von ihm aufgestellten Baseballteams des Colleges. Nach einem Studentenstreich wurde er für ein halbes Jahr vom College suspendiert, konnte aber gemeinsam mit seinen Klassenkameraden 1879 erfolgreich zur Reifeprüfung antreten.

Den Gedanken, professioneller Baseballspieler zu werden, ließ er fallen, und studierte stattdessen Rechtswissenschaften im Worcester. 1882 wurde er als Anwalt zugelassen und blieb die nächsten fünfunddreißig Jahre in der Stadt. Er heiratete, war Obmann des Worcester Sportverbandes und Mitglied der Absolventenvereinigung von Dartmaouth. Von den Demokraten aufgestellt, wurde er zum jüngsten Stadtrat Worcesters gewählt. Später wechselte er zu den Republikanern.

Durch Governeur Samuel McCall, ein ehemaliger Kommolitone aus Dartmouth, wurde Thayer 1917 zum Richter am Superior Court in Massachusetts ernannt. Im April 1920 sorgte er für Aufsehen, als er die Geschworenen zurechtwies, nachdem sie den Radikalen Sergie Zagroff vom Vorwurf der Anstiftung zu Gewalt freisprachen. Der Prozess um die beiden italienischen Einwanderer und Anarchisten Sacco und Vanzetti führte zu weltweiten Protesten. Webster Thayer sah sich als Vorsitzender mit der Kritik konfrontiert, den Prozess voruteilsbeladen geführt zu haben und die Mitverantwortung an einem Justizmord zu tragen. Sein Haus in Worcester wurde 1932 Ziel eines Bombenattentats, vermutlich als Vergeltungsschalg nach der Hinrichtung von Sacco und Vanzetti im Jahr 1927.

Thayer starb 1933 im Alter von 75 Jahren an den Folgen einer Hirnblutung.
 
     
 
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