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Ferdinando „Nicola“ Sacco wurde am 22. April 1891 in Torremaggiore im Süden Italiens geboren. Er war das dritte von insgesamt siebzehn Kindern. Sein Vater verkaufte Olivenöl und Wein aus eigener Produktion. Getauft auf Ferdinando, änderte er seinen Vornamen in Nicola, nachdem ein Bruder mit diesem Namen gestorben war. Dennoch wurde sein Taufname von ihm und seinen Freunden immer wieder verwendet. Ob er als Kind eine Schule besucht hat, ist nicht sicher. Er half seinem Vater jedenfalls früh bei der Bewirtschaftung der Felder. Landwirtschaft interessierte ihn allerdings nicht. Als sein älterer Bruder Sabino von einem Freund des Vaters nach Massachusetts, USA, eingeladen wurde, kam Nicola gerne mit. Als knapp Siebzehnjähriger erreichte er am 12. April 1908 Amerika. Der junge Sacco wurde bereits in Italien von seinem Bruder Sabino für sozialistische Ideen begeistert. In Amerika engagierte er sich zusammen mit seiner Frau in einer Gruppe italienischer Anarchisten. 1916 wurde er festgenommen und zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er als Redner bei einer nicht genehmigten Anarchistenversammlung auftrat. |
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Bartolomeo Vanzetti wurde am 11. Juni 1888 in Villafalletto bei Cuneo geboren. Seine Mutter hatte bereits einen Sohn aus einer früheren Ehe. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete sie Giovanni Vanzetti. Bartolomeo war das erste von vier Kindern der Vanzettis. In Amerika hielt er sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser und zog von einer Stadt zur nächsten, ehe er sich 1913 in Plymouth, Massachusetts, niederließ. Seine Stelle bei der Plymouth Cordage Company verlor er nach aktiver Beteiligung an einem Streik. Im Herbst 1919 machte er sich als Fischverkäufer selbständig. Geprägt durch die leidvollen Erfahrungen als Arbeitsloser in den ersten Jahren in Amerika, wuchsen seine Zweifel an der Religion und er wandte sich verstärkt anarchistischen Idealen zu. In seiner Autobiografie schrieb er: „In Amerika erfuhr ich all die Leiden, Enttäuschungen und Entbehrungen, die zwangsläufig das Los eines Menschen sind, der im Alter von zwanzig Jahren hier ankommt, nichts vom Leben weiß und etwas von einem Träumer in sich hat. Hier sah ich die ganze Grausamkeit des Lebens, all die Ungerechtigkeit und die Korruption, mit der sich die Menschheit auf so tragische Weise herumschlägt. [...] Ich suchte meine Freiheit in der Freiheit aller, mein Glück im Glück aller.“ |
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William G. Thompson Thompson übernahm die Verteidigung in dem inzwischen verlorenen Fall, nachdem der umstrittene erste Verteidiger Fred Moore entlassen wurde. Über den Lebenslauf von William Thompson ist – abgesehen seines gut belegten Engagements für Sacco und Vanzetti – wenig bekannt. Mit dem Fall Sacco & Vanzetti kam er schon zu Beginn des Prozesses in Kontakt. Der in das Verteidigerteam eingebundene Anwalt John McAnarney bat den respektierten Thompson bereits nach der Geschworenenauswahl, den Fall zu übernehmen: Die Spannungen zwischen dem exzentrischen Verteidiger Fred Moore und Richter Thayer waren unübersehbar und drohten den Angeklagten zu schaden. Thompson lehnte ab mit der Begründung, ein Wechsel des Verteidigers käme zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Frage. Im März 1923, nachdem der Prozess verloren und ein Berufungsantrag nach dem anderen eingereicht wurde, übernahm Thompson auf wiederholte Bitte der Brüder McAnarny die Ausarbeitung eines der Anträge, der die Beweiskraft der tödlichen Kugel III ernsthaft in Frage stellen sollte. Thompson brachte auch die später viel zitierte eidesstattliche Erklärung von William Daley ein, die die Befangenheit des Geschworenenobmanns Ripley beweisen sollte. Nachdem Moore den Fall im November 1924 nach Konflikten mit dem Defense Committee und vor allem Sacco zurückzog, musste ein neuer Verteidiger gefunden werden: Auch die McAnarney-Brüder legten ihr Mandat nieder (die Quellen sind sich nicht einig, ob vor oder nachdem Thompson den Fall übernahm). Berater (darunter Elizabeth Gurley Finn und der Jurist Felix Frankfurter) und der Vorstand des Komitees waren sich bald einig, Thompson als neuen Anwalt gewinnen zu wollen. Dieser verlangte USD 25.000 als im Vorraus zu entrichtendem Honorar, wohl auch in der Absicht, den aussichtslosen Fall von sich abzuwenden. Zwei Tage später ist es dem Komitee unter großem Aufwand gelungen, das Geld aufzutreiben. Thompsons Führung des Falles wurde von praktisch allen Beteiligten äußerst positiv wahrgenommen, auch oder obwohl er Propaganda-Maßnahmen bewusst vermied und dem Komitee sogar untersagte. Unter den wenigen Kritikern an Thompson fand sich Eugene Lyons, der sein Engagment für das Komitee einstellte, als der elitäre Anwalt die Verteidigung der idealistischen Arbeiter übernahm. Thompson selbst begann die beiden Angeklagten immer mehr zu schätzen, insbesondere Vanzetti, dessen „Edelmut“ er tief bewunderte. Stunden vor Hinrichtung, am Abend des 22. August 1927, besuchte Thompson auf Vanzettis Wunsch die beiden Verurteilten im Todeshaus von Charlestown. Er führte mit Vanzetti ein zweistündiges Gespräch, in dem ihm Vanzetti seine Unschuld versicherte. Thompson bat Vanzetti darüber hinaus, seinen Feinden zu vergeben, Vanzettis geistigen Frieden zuliebe. Obwohl sich Vanzetti ihm gegenüber weigerte, verzieh er mit seinen letzten Worten auf dem elektrischen Stuhl „einigen Leuten, was sie mir nun antun“. |
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Frederick G. Katzmann wurde 12. September 1875 in Boston geboren. Er wuchs unter ärmlichen Verhältnissen als Sohn eines Deutschen und einer Schottin aus Roxbury in Hyde Park, Massachusetts, auf. Sein Mittelname Gunn, meist abgekürzt als G., ist der Mädchenname seiner Mutter. Er besuchte die Boston Latin School und später Harvard, was durch die finanzielle Unterstützung einer Tante möglich wurde. Etwas Geld verdiente er außerdem als Sänger in Kirchen und bei Begräbnissen. Als untersetzter, unsportlicher Schüler aus armer Familie galt er als Außenseiter. Seine schulischen Leistungen waren unauffällig. Nach der Reifeprüfung kam er nach Hyde Park zurück und arbeitete einige Jahre als Stromableser des örtlichen Elektrizitätswerks, ehe er sich entschloss, Anwalt zu werden. Da seine finanzielle Lage ein Studium in Harvard nicht zuließ, studierte er Rechtswissenschaft an der Bostoner Universität, wo er als Bachelor 1902 abschloss. Sein anschließendes Praktikantenjahr absolvierte er bei einer anerkannten Bostoner Firma am Pemberton Square. Danach richtete Katzmann, [dem sein deutscher Name insbesondere in Zeiten des Ersten Weltkriegs eine Last war,] in Hyde Park seine Anwaltskanzlei ein. Im September 1904 heiratete er Grace L. Brown. Das Paar hatte zwei Töchter. Seine Arbeit verlief erfolgreich: 1907 bis 1908 repräsentierte er Hyde Park im Parlament von Massachusetts. 1909 wurde Katzmann, Mitglied der Republikanischen Partei, Assistent des Staatsanwalts. Im November 1916 kanditierte er schließlich selbst in dieser Funktion. Er wurde gewählt und stellte sich nach drei Jahren erfolgreich der Wiederwahl. Im Mai 1920 wurden Sacco und Vanzetti als Verdächtige in zwei Raubüberfällen verhaftet. Nach einem Verhör beschloss Katzmann, gegen beide Anzeige zu erstatten. Der Fall zog weltweite Empörung auf sich. Katzmann, der die Anklage während des Prozesses leitete, schürte nach Meinung von Kritikern durch seine Art der Kreuzverhöre bei den Geschworenen Ressentiments gegen Ausländer. Auch der Vorwurf der Beweisfälschung wurde gegen ihn erhoben. Zwei Jahre nach dem Prozess im Jahr 1921 nahm er wieder die Arbeit in seiner privaten Anwaltskanzlei auf. Aus Sorge vor Vergeltungsschlägen im Zuge der Hinrichtung von Sacco und Vanzetti im August 1927 wurde Katzmanns Haus bis 1933 rund um die Uhr polizeilich bewacht. Er verweigerte bis Ende seines Lebens Stellungnahmen zu dem kontroversen Fall, der als einer der bedeutendsten der USA gilt. Katzmann starb am 15. Oktober 1953 im Alter von 78 Jahren an einem Herzinfarkt in Massachusetts. |
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